Denkt man an das Arbeitsfeld der Mobilen Jugendarbeit, würde normalerweise der Begriff „Homeoffice“ nicht wirklich damit assoziiert werden. Seit dem Corona-Lockdown ist das aber ein wenig anders. Von einem Tag auf den anderen tauschten wir Straßenschuhe gegen Pantoffeln, den Sozialraum Margareten gegen die eigenen vier Wände und die direkte Interaktion mit der Zielgruppe fand fortan online statt.
Da wir uns in den Monaten vor dem Lockdown bereits intensiv mit unseren Social-Media-Kanälen beschäftigt hatten, fiel uns der Umstieg auf Homeoffice nicht sonderlich schwer. Es dauerte daher auch nicht lange, bis die ersten Anfragen unserer Zielgruppe zu den Themen Online-Beratung und Unterstützung bei diversen Problemstellungen eintrafen. Dabei handelte es sich in den meisten Fällen um Fragen zu den aktuellen Bestimmungen, um die Lehrstellen- und Praktikumssuche und um Hilfe beim Einlegen von Einsprüchen gegen etwaige Strafverfügungen.
Vor allem unsere Instagram-Livesessions und Storys zu den „Coronastrafen“ trugen dazu bei, dass sich Jugendliche direkt mit ihren Strafverfügungen an uns wandten. Viele hatten bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass die Möglichkeit besteht, gegen eine Strafverfügung Einspruch zu erheben und waren dankbar für die von uns gebotene Unterstützung. Für die meisten Jugendlichen (Altersgruppe etwa 14–20 Jahre) stellte die Strafhöhe, aufgrund des geringen Einkommens, eine hohe finanzielle Herausforderung dar.
Die Höhe der Strafen lag im Durchschnitt zwischen 250 und 700 Euro und in einzelnen Fällen bekamen Jugendliche auch mehrere Strafen hintereinander ausgestellt. Zwar haben einige davon tatsächlich gegen die Ausgangsbeschränkungen verstoßen, trotzdem war es uns wichtig, die Höhe der Strafen zu beeinspruchen, da diese in unseren Augen unverhältnismäßig hoch waren.
Besonders nützlich fanden wir dabei die von wienXtra vorgefertigten Infos, die wir über Social Media verbreitet und an unsere Kids weitergeleitet haben. Trotzdem sahen wir uns mit einigen Herausforderungen konfrontiert, da unsere Zielgruppe fast immer zusätzliche Unterstützung benötigte, um den Einspruch per Post abzuschicken.
Zudem bereitete uns in einigen Fällen die fehlende Face-to-Face-Kommunikation Schwierigkeiten. Die technologischen Fertigkeiten unserer Zielgruppe gehen meist nicht über die Handhabung eines Smartphones hinaus, da sie Computer sowie Mailprogramme oft nicht für ihr tägliches Leben brauchen. Außerdem ist es vielen auch nicht möglich ein Dokument mit Word zu bearbeiten und auszudrucken, weil sie zuhause oft keinen Zugang zu einem Computer und/oder Drucker haben.
Dazu kam, dass wir auf unterschiedliche Arten miteinander kommuniziert haben. Messenger-Dienste, Instagram, Houseparty, Videotelefonie, Telefonate und E-Mail waren die Kommunikationskanäle, die wir abwechselnd verwendet haben, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen war die Kommunikation über die meisten dieser Kanäle jedoch problematisch für unsere Arbeit. Vorzugsweise hätten wir für vertrauliche Dokumente und sensible Inhalte den Nachrichtenverkehr aus Sicherheitsgründen gerne auf Telefonate und Mails beschränkt. Allerdings rief dies bei den Jugendlichen oft Unverständnis hervor, da sie uns der Einfachheit halber meist direkt Fotos von den Dokumenten (samt persönlicher sowie sensibler Daten) über den Instagram-Chat geschickt haben bzw. schicken wollten.
Aufgrund der gegebenen Umstände trafen wir als Team die Entscheidung, unsere Arbeitsweise zu adaptieren, um nicht zu riskieren, dass sich Jugendliche aus Unverständnis von uns abwenden.
Durch diese und weitere flexible Herangehensweisen war es uns möglich, unsere Arbeit mit der Zielgruppe über die Dauer des Lockdowns bestmöglich fortzusetzen. Rückblickend betrachtet waren die neuen Arbeitsumstände ungewohnt und zum Teil auch herausfordernd, trotzdem konnten wir viel dazulernen und sind froh darüber, dass wir auf diese Erfahrungen im zukünftigen Arbeitsalltag zurückgreifen können.
Apollonia Schneider und Kemal Durakovic, Back on Stage 5