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11. Juni 2018

Virtual Reality

Unter Virtual Reality, kurz VR, versteht man die Darstellung und gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften in einer in Echtzeit computergenerierten, interaktiven virtuellen Umgebung […] (vgl. Wikipedia).

In der Praxis wird diese Umgebung meist mittels VR-Headsets  erfahren. Mit Controllern, Sprachsteuerung oder anderen Eingabegeräten kann mit der virtuellen Welt interagiert werden.

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Foto: Turismo Bahia (CC BY-SA 2.0)

Seit 2010 wird in vielen Bereichen mit VR  experimentiert (Film, Kunst, Werbung, bestimmte Gaming-Genres),  aus manchen Anwendungsgebieten ist es aber schon nicht mehr wegzudenken (Ausbildung, Architektur und Produktdesign, Militär). Verantwortlich für diesen Entwicklungsschub war die rasante Entwicklung in der Computertechnik. Die Hardware war nun endlich gut genug, um wirklich immersive VR-Erlebnisse zu ermöglichen. (Der Begriff Immersion beschreibt den Grad der Realitätstreue der Wahrnehmung einer technisch generierten und durch Sinnesreize vermittelten Umgebung durch die Anwender_innen).

Dive in and find out!

In der Virtual Reality ist die Immersion besonders stark, da Sensorik und Motorik gekoppelt werden. D.h. die Anwender_innen erleben eine virtuelle Umgebung mit möglichst vielen Sinnen und können mit dieser Umgebung interagieren.

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Foto: Manus VR (CC BY-SA 4.0)

Medium für die Jugendarbeit

Der VR-Boom bringt die Chance mit sich, den Jugendlichen das Medium zugänglich zu machen und eine kritisch-reflexive Mediennutzung im Sinne der Medienpädagogik zu fördern:

  • Zugang ermöglichen: Während durch die Verbreitung von Smartphones der Zugang zu den etablierten audiovisuellen Medien für die meisten Jugendlichen keine Hürde mehr darstellt, ist die kostenintensive VR-Hardware für viele nach wie vor unleistbar.
  • Mediennutzung: Die vielfältigen Anwendungsgebiete kennenlernen - sowohl VR-Inhalte rezipieren (z.B. Spiele), als auch selbst gestalten (z.B. 360°-Fotos und -Videos).
  • Kompetenzen entwickeln: Medieninhalte kritisch reflektieren lernen und sich das technische und gestalterische Know-how aneignen.

Zusätzlich eignet sich Virtual Reality hervorragend als Lehrmedium. Wie auch andere virtuelle, interaktive Lernumgebungen haben auch VR-Anwendungen ihre Stärken gegenüber traditionelleren Medien in folgenden Bereichen (vgl. Schwan & Buder):

Veranschaulichung

  • Die Darstellung ist im Vergleich zu traditionellen Medien realistischer, Inhalte können besser erinnert werden.
  • Abstrakte Inhalte, wie z.B. Theorien oder für den Menschen Nicht-Wahrnehmbares, werden einfacher in bildhaft-analoger Form vermittelt.

Interaktivität

  • Explorationswelten: Lernende können in einer virtuellen Umgebung sinnlich-konkret erleben und eigenständig erkunden (z.B. virtuelle Museen).
  • Trainingswelten: Fertigkeiten können durch Üben in der virtuellen Umgebung erlernt werden (z.B. Simulatoren).
  • Konstruktionswelten: Aktives Erschaffen von Objekten in der virtuellen Welt oder ganzen virtuellen Welten durch die Lernenden (z.B. Minecraft).

Je unmittelbarer, realitätsgetreuer und interaktiver ein Erlebnis ist, desto lehrreicher (Quelle).

Eine weitere Stärke des Mediums besteht in den Perspektivenwechseln, die durch die Headsets möglich sind. Anwender_innen können sich so in der VR-Umgebung nicht nur durch Avatare repräsentieren lassen, sondern diese direkt aus der Ich-Perspektive wahrnehmen. Dies ermöglicht es nicht nur, eine schier unbegrenzte Vielfalt an Umgebungen unmittelbar zu erleben, sondern darüber hinaus die Perspektive anderer Menschen oder in der realen Welt völlig unmögliche Perspektiven einzunehmen. Es gibt beispielsweise VR-Anwendungen, in denen man über die Erde oder durch den Weltraum schwebt. Andere nehmen uns mit in eine Reise ins Innere des menschlichen Körpers oder eines Kunstwerks. Und manche Entwickler nutzen die „Empathie-Maschine“ um Menschen für die Realität von Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu sensibilisieren, z.B.: Fluchterfahrungen, psychischen Erkrankungen oder Behinderungen.

 

Für die Offene Jugendarbeit ergeben sich somit vielfältige Möglichkeiten in den Kernbereichen Themenzentrierte Bildungsarbeit und Medien. Je anspruchsvoller das Thema ist, desto besser muss die Einbettung des VR-Erlebnisses in den Gruppenprozess vorbereitet werden (z.B. Gruppengröße, extra Raum). VR eignet sich aber auch für den spontanen Einsatz im Jugendzentrum oder bei Veranstaltungen. VR-Spiele  und gruselige VR-Erlebnisse eignen sich beispielsweise sehr gut, um Jugendliche kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Da es bei größerem Andrang zu Wartezeiten und Streitereien kommen kann, empfiehlt es sich, eine Anmeldeliste zu führen. Die Wartezeit kann man gleichzeitig nutzen, um die Jugendlichen kennenzulernen und ihnen die Basics zur Verwendung des VR-Sets zu erklären.

In ruhigeren Momenten bieten sich wiederum Relax-Erlebnisse oder die s.g. asynchronen Multiplayer-Spiele an. Das sind Spiele, bei denen eine Person das VR-Set trägt und mit einer weiteren Person ohne VR-Brille zusammenspielt: „Keep talking and nobody explodes“ ist ein beliebter asynchroner Multiplayer und ein sehr gutes Training für die mündliche Kommunikation: Eine Person sieht in der virtuellen Realität eine Bombe. Um sie zu entschärfen, muss sie diese der zweiten Person detailgetreu schildern, damit diese in der gedruckten Gebrauchsanleitung nach der Lösung suchen kann. Ist diese gefunden, muss sie ebenso präzise erklärt werden, damit die Person mit VR-Brille die Bombe erfolgreich entschärfen kann.

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Safety first!

Damit das VR-Erlebnis für die Jugendlichen ein tolles Erlebnis wird, sind aber auch einige Sicherheitsaspekte zu beachten. Vor allem gilt es, für ausreichend Platz zu sorgen und Stolperfallen zu vermeiden. Auch harte Kanten können bei abrupten Reaktionen, wie sie bei VR-Spieler_innen vorkommen können, schnell zu Verletzungen führen. Manche Menschen reagieren auf VR mit Übelkeit, weshalb es ratsam ist, sich bei VR-Neulingen gelegentlich nach dem Wohlbefinden zu erkundigen. Zudem empfiehlt es sich, die Jugendlichen mit wenig immersiven VR-Anwendungen beginnen zu lassen und die Intensität langsam zu steigern. Für die anderen Jugendlichen ist es sehr unterhaltsam, den VR-Spieler_innen zuzusehen und manche machen sich einen Spaß daraus, diese durch überraschende Berührungen zu necken. Dies ist völlig unbedenklich, solange die Spieler_innen dabei auch Spaß haben. Die Jugendarbeiter_innen müssen jedenfalls darauf achten, dass es zu keinen Übergriffen, Eskalationen oder ungewollten Videoaufnahmen kommt.

To buy or not to buy?

Grundsätzlich gilt es, Mobile-VR von computergebundenen VR-Systemen und Stand-Alone-Lösungen zu unterscheiden.
Mobile-VR-Lösungen (Samsung Gear VR, Google Daydream, Google Cardboard)  sowie Stand-Alone-Systeme (Oculus Go, Lejovo Mirage Solo)  sind kabellos und räumlich flexibel, bieten aber meist weniger Rechenleistung und damit weniger Komfort, Realitätstreue bzw. Action. Zudem laufen auf schwächeren Geräten die VR-Programme nicht flüssig und erzeugen eventuell Übelkeit. Da das erste VR-Erlebnis oft bestimmend dafür ist, ob sich jemand weiter auf das Medium einlässt, ist es ratsam, das Risiko der Übelkeit möglichst gering zu halten und daher auf billige Lösungen (z.B. Cardboard mit schwachem Smartphone) zu verzichten.

Systeme mit Computerunterstützung (HTC Vive, Oculus Rift, Windows Mixed Reality-Sets) benötigen Rechner mit starker Hardware, sind meist nur stationär einsetzbar und trüben die Bewegungsfreiheit mit Kabeln. Dafür können diese meist Hände, Bewegungen oder zum Teil die Position im Raum erkennen und erlauben so interaktivere Anwendungen.

Ist eine PlayStation 4 vorhanden, kann das PlayStation VR-System eingesetzt werden, sofern die räumlichen Gegebenheiten die Installation der Kamera und der Kabeln zulässt.

Für den Einsatz in der Jugendarbeit ist vor allem relevant, ob man eine fixe VR-Station (z.B. Medienraum im Jugendzentrum) schaffen möchte, oder das VR-Set an verschiedenen Orten (z.B. in unterschiedlichen Räumen, im Park) verwenden möchte. Vor der Anschaffung  sollte man sich aber auch vergewissern, dass die gewünschte Software für die jeweilige Plattform vorhanden ist und wie diese erworben und abgerechnet werden kann (z.B. Bons für App-Stores).

Für all jene, die sich nicht gleich ein VR-Set anschaffen, aber gerne mal (mit oder ohne Jugendlichen) in die virtuelle Realität eintauchen wollen, gibt es in Wien und Umgebung mehrere Möglichkeiten:

VREI
AREA 52
VR Adventures

LITERATUR:
Hartmann, Thilo. Virtuelle Realität: Veränderung unserer Wahrnehmung. Online-Video: https://www.youtube.com/watch?v=-xeVesc-SoY (abgerufen am 18.05.2018)
Maschmann, Maximilian C. (2017). Virtual Reality Blueprint. Ein kurzer Einblick in die neue virtuelle Welt der Virtual, Augmented und Mixed Reality.
Respondek, Martin; Ghias, Usman; Knauer-Arnold, Thomas. Lernen mit Augmented und Virtual Reality. Online-Video:  https://www.youtube.com/watch?v=bX_z5hHVQmo (abgerufen am 18. Mai 2018)

Schwan, Stephan & Buder, Jürgen (2006). Virtuelle Realität und E-Learning. URL: https://www.e-teaching.org/didaktik/gestaltung/vr/vr.pdf (abgerufen: 9. Nov. 2017)
Seite „Virtuelle Realität“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 17. Okt. 2017. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Virtuelle_Realit%C3%A4t&oldid=170084496  
(abgerufen: 9. Nov. 2017)

Klaus Mahrer, spacelab

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