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3. Jänner 2018

Mauern überwinden

Graffitiwand

Ein Projekt zum Thema Flucht und Migration in Favoriten und wie wir es nach Kanada brachten.

Der Favoritner Teil

Die Flucht- und Migrationsbewegung der Jahre 2015/2016 war auch für Jugendliche im Süden Favoritens ein einschneidendes Erlebnis. Viele engagierten sich ehrenamtlich, andere blickten der Aufnahme vieler (junger) Menschen in Wien mit Skepsis entgegen - für alle aber war es ein wichtiges Thema. Und in dieser für alle neuen Situation wurden auch insgesamt die Bereiche Flucht, Migration, rechtliche Grundlagen, Asyl… aktuell und Gegenstand der Diskussion.

Daran anschließend entwickelten wir von just Wienerberg – in Kooperation mit Deutsch ohne Grenzen und unterstützt vom Bezirk Favoriten – ein Projekt, mit dem wir einerseits den medial vermittelten Informationen und Bildern konkrete Begegnungen und Erfahrungen mit geflüchteten Menschen und deren Geschichte(n) gegenüber stellen wollten.
Diese Begegnungen sollten im Idealfall für beide Seiten zu befruchtenden Beziehungen werden. Es sollten aber auch Fakten erarbeitet und kommuniziert werden, um den medialen Mythen die tatsächliche Realität der weltweiten Fluchtbewegungen, die Tatsachen über Aufnahmeländer und über ökonomische Zusammenhänge dieser Bewegungen gegenüber zu stellen. Die Begegnung und die Be- bzw. Verarbeitung der Informationen sollte in künstlerisch-kreativer Form mit Mitteln der darstellenden Kunst auch und vor allem im öffentlichen Raum erfolgen.

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So fanden – beginnend mit dem Vorbereitungsgespräch für interessierte Favoritner Jugendliche im Dezember 2016 – bis Mai 2017 mehr als 10 Workshops bzw. Treffen statt. Zunächst ging es darum, einander kennen zu lernen und miteinander eine gemeinsame Sprache zu finden. Danach wurden die eigenen Erfahrungen in kreativen Settings und in dialogischer Form miteinander geteilt. Dabei wurden unterschiedliche Methoden des künstlerischen Ausdrucks vorgestellt. Speziell Graffiti und Flächengestaltung waren Thema eines Extra-Workshops. Mit Kreide, Kreidensprays, Wachskreiden, unterschiedlichen Arten von Farben und natürlich Spraydosen wurden Techniken erprobt und Ausdrucksformen gesucht. Im April und Mai konnten dann mehrere Wände, deren Neugestaltung Wiener Wohnen erlaubt hat, mit unterschiedlichen Motiven gestaltet werden. Persönliche Erfahrungen von Angst und Solidarität, von Bedrohung und Unterstützung wurden dargestellt, Erlebnisse auf dem Weg durch Europa ebenso zum Ausdruck gebracht wie die Sicht und die Fragen der Favoritner Jugendlichen. An diesen Workshops und gemeinsamen kreativen Aktionen nahmen insgesamt 15 Jugendliche in unterschiedlicher Intensität teil.

Zusätzlich gestalteten wir an einer zentralen Wand ein großes Graffiti mit Fakten und Tatsachen zu den Themen Flucht, Migration und Resettlement. Darin wurden auch die Zahlen von zum Verlassen ihrer Heimat gezwungenen Menschen weltweit, und wo diese aufgenommen wurden, thematisiert.

Begleitend wurden – unter Anleitung eines jungen afghanischen Filmemachers – zwei Videos gestaltet, die genau die zwei Aspekte des Projektes zum Inhalt haben: persönliche Erlebnissen von jungen Menschen auf der Flucht und von Jugendlichen, die ehrenamtlich mit und für junge Flüchtlinge tätig waren und die dargestellten Daten und Fakten zu Fluchtbewegungen weltweit. Die Videos – die auch eine wichtige Rolle beim kanadischen Teil des Projektes spielten – sind auf dem YouTube-Channel von just Wienerberg sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache abrufbar.

Der kanadische Teil

Die Themen Flucht- und Migrationsbewegung sowie Resettlement standen auch im Mittelpunkt des Symposiums Youth, War & Migration an der University of Toronto. Im Herbst 2016 erging die Einladung an Philip Taucher, einen damaligen Mitarbeiter von just Wienerberg, einen Konferenzbeitrag bei dieser Veranstaltung zu präsentieren. Es gelang, die Veranstalter zur Übernahme von Reise- und Aufenthaltskosten für einen Jugendarbeiter und zwei Jugendliche zu bewegen. Daher konnte Philip mit 2 Jugendlichen vom 20. bis 27. Mai 2017 nach Toronto fliegen und eine Woche lang die Stadt und die Umgebung kennen lernen und am letzten Tag ihres Aufenthaltes das Projekt Mauern überwinden beim Symposium Youth, War and Migration vorstellen.

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Vor dieser Veranstaltung war aber das Kennenlernen der Stadt angesagt: Eine Fahrt auf den CN-Tower, eine Bootsrundfahrt im Hafen von Toronto, der Besuch bei einem Spiel der Toronto Blue Jays (das einzige Major-League-Baseball-Team außerhalb der USA), ein Ausflug zu den Niagara-Fällen, eine Fahrradtour, Shopping in der Yonge-Street (eine der berühmtesten Einkaufsstraßen Nordamerikas) und ein Zirkusbesuch standen ebenso auf dem Programm wie die Besichtigung der riesigen Universitätsbibliothek und die Begegnung und der Austausch mit jungen Menschen ohne legalem Aufenthalt in Kanada. Natürlich konnte auch die kulinarische Vielfalt Torontos erlebt werden – und ebenso das reichhaltige Fast-Food-Angebot.

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Daneben wurde an der Präsentation gefeilt und in mehreren Treffen mit Mitorganisator_innen des Symposiums vorbesprochen. So waren die beiden Jugendlichen gut vorbereitet, als sie am Nachmittag des letzten Tages unter dem Titel The Art of Being Young: Resettling in the ‘Fortress Europe’ vor das akademische Publikum traten. Sie konnten dabei nicht nur mit den mitgebrachten Filmen überzeugen, sondern bestritten auch die anschließende Diskussion souverän.

Leider gelang es nicht, eine Reise- und Aufenthaltsfinanzierung für zusätzliche Projektbeteiligte zu bekommen.

 

Unser Dank geht an unseren Kooperationspartner Deutsch ohne Grenzen, an den Bezirk Favoriten (der großzügig die Sachkosten des Favoritner Teils finanzierte), sowie die University of Toronto und die University of Alberta (die Reise- und einen wichtigen Teil der Aufenthaltskosten übernahmen).

Paul Dickinger (just Wienerberg)

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