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24. Februar 2021

Auswirkungen der Coronakrise auf Mädchen* und junge Frauen*

Im März 2020 kam es wegen der Covid-19-Pandemie zu Ausgangsbeschränkungen und somit musste auch das flash für fast drei Monate den offenen Betrieb einstellen. Das Team des flash Mädchencafés stellte die Jugendarbeit auf ein Online-Angebot um, das von Mitarbeiter_innen zuhause durchgeführt wurde. Im flash wurde die Erreichbarkeit von Montag bis Samstag von 13:00 bis 20:00 Uhr erweitert. Dadurch, dass vielen Mädchen* und jungen Frauen* die Profile und Kanäle auf den wichtigsten Social-Media-Kanälen bereits bekannt waren, war eine Anknüpfung an die bisherige Online-Kommunikation von Beginn an möglich. Die wichtigsten Orte, an denen die Mädchen* erreicht wurden, waren Instagram, diverse Messengerdienste, TikTok und Facebook.

Themen und Herausforderungen der Mädchen* und jungen Frauen*

Zu Beginn der Coronakrise waren für die Mädchen* Infos und Fakten zum Virus wichtig. In der Flut der Nachrichten, erwies es sich als schwierig, glaubwürdige Quellen zu finden und Fake News zu entlarven. Verwirrung über Regeln und Vorschriften zu den Ausgangsbestimmungen galt es in jugendgerechter Sprache und auch mehrsprachig zu teilen. Mit dem Distance Learning der Schulen kamen gehäufte Anfragen für eine Online-Lernbetreuung. Vor allem Mädchen* aus der Oberstufe stellten diese. Aufgrund der zeitlichen Ressourcen konnte das Team viel davon abdecken und Hilfestellungen anbieten. Themen, die die Mädchen* mit uns geteilt haben, waren vor allem Druck und Stress mit den Schulaufgaben. Viele Fragen und Schwierigkeiten mit der umfangreichen Arbeit am PC, aber auch der fehlende direkte Kontakt mit Lehrer_innen und Mitschüler_innen war für viele herausfordernd. Die Methoden und Materialien waren von Schule zu Schule unterschiedlich, doch bedeuteten in ihrer Bewältigung für viele der Schülerinnen* einen enormen Zeitaufwand, egal ob es sich dabei um Lernplattformen oder Arbeitsmappen handelte. Mit der fehlenden Tagesstruktur, die die Schule vorgibt, war es für viele Mädchen* neu, sich den Tag selbstständig strukturieren und sich Lernzeiten einteilen zu müssen. Bei manchen hat es geklappt, bei einigen wurde die Nacht zum Tag. Viele Mädchen* und junge Frauen* haben uns von Einschlaf- und Durchschlafproblemen berichtet. Unregelmäßige Schlafrhythmen und Grübeln über die derzeitige Situation sowie Chats und Telefonate in der Nacht haben die Mädchen* wachgehalten.

Freund_innen und Peer Groups sind in der Phase der Jugend ein wichtiger sozialer Aspekt der Identitätsfindung. Das Fehlen des realen Kontaktes und die jugendrelevanten Orte haben viele Mädchen* beschrieben. Sie sind zwar gewohnt auch über Social Media Kontakt zu halten und haben das teilweise intensiv genutzt, doch ist ein Treffen mit körperlicher Nähe schlecht zu ersetzen, vor allem bei engen Freundschaften und in Beziehungen. Belastend haben die Mädchen* auch die Ungewissheit empfunden, wie es zukünftig weitergehen wird.

Online-Jugendarbeit

Die Online-Jugendarbeit des flash Mädchencafés findet in den jugendrelevanten Orten der Sozialen Medien statt. Sichtbarkeit zeigen durch Postings sowie Informationen und Quizze waren täglicher Bestandteil der Online-Arbeit während des Lockdowns. Kommuniziert wurde über Chats, Videotelefonie, Videokonferenzen oder Livestreams. Kurze Videoclips, Do-it-yourself-Anleitungen oder Challenges wurden vom Team vorbereitet, um neben den Coronainfos auch Heiteres zu veröffentlichen. Um die Bedürfnisse und Stimmungslagen der Mädchen* und jungen Frauen* zu erkennen, gab es Umfragen und Barometer, auf die sie reagieren konnten. Relevant ist auch die Beobachtung der Aktivitäten der Mädchen*, um einen Eindruck davon zu bekommen, was sie zu sagen haben, um effektiv auf ihre Aussagen eingehen zu können und um jugendkulturelle Trends in den sozialen Medien kennenzulernen.

Auf Instagram und TikTok werden von Mädchen* Meinungen und Reaktionen POV (Point of View) in kreative und schauspielerische Videos verpackt, um sich in die Lage anderer zu versetzen, oder auf eigene Bedürfnisse aufmerksam zu machen.

Das flash Mädchencafé konnte in der Zeit der Ausgangsbeschränkungen durch Online-Jugendarbeit die meisten der Mädchen* ab zehn Jahren erreichen, die regelmäßig das flash besuchen. Kinder ab acht Jahren sowie neue Kontakte waren schwer zu erreichen. Durchwegs konnten wir aber mit 70 Prozent der Mädchen* und jungen Frauen* in Kontakt treten, die regelmäßig das flash besuchen.

Rückkehr in den öffentlichen Raum

Ab Mitte Mai wurde die Mobile Jugendarbeit im Sozialraum aufgenommen. Während den Ausgangsbeschränkungen und auch kurz danach, waren Mädchen* und junge Frauen* für die Jugendarbeit wenig bis überhaupt nicht im öffentlichen Raum anzutreffen. Gründe dafür könnten Angst vor Ansteckung, Vermeidung von Problemen mit der Polizei und den hohen Strafen sowie intensives Arbeiten für die Schule sein. Mädchen* und junge Frauen* waren auch mehr in Haushalt, Kinderbetreuung und Organisation der Familie involviert als Buben* und junge Männer*.

Ungleichheiten ergaben sich daher in der Aufgabenverteilung zuhause und in der Freizeit. Das bedeutete auch weniger Zeit für soziale Kontakte und Erholung, die in einer krisenhaften Zeit bzw. während einer Pandemie wichtig sind, um psychischen wie physischen Krankheiten vorzubeugen.[1]

Die Lockerungen Ende Mai haben auch ein Aufsperren des Treffpunkts im flash Mädchencafé wieder möglich gemacht. Zunächst mit Mund-Nasenschutz und Abstandsregelungen und vielen anderen Einschränkungen, doch langsam konnte zum flash-Alltag zurückgekehrt, die freizeitpädagogischen Aktionen und die Beziehungsarbeit wieder angeboten werden.

Fazit

Erfolgreiche Methoden der Online-Arbeit und viel Wissen über Social Media konnte sich das Team aus der Krise mitnehmen. Auch die Erkenntnis, dass sich die Ungleichheiten aufgrund von Genderrollen wieder verstärkt haben und daher die queerfeministische Mädchen*arbeit weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Gendergleichstellung leisten muss.[2]

Es hat sich außerdem gezeigt, dass die ungleiche Verteilung von Ressourcen (Homeschooling, Nachrichten, Wohnraum, Bewegung, Bildung) zu einer Benachteiligung und im schlimmsten Fall zu einem Ausschluss von jungen Menschen führen kann.[3]

 

 

 

[1] Wirkungskonzept: Qualität und Wirkung der Offenen Jugendarbeit im Verein Wiener Jugendzentren (2020) https://www.jugendzentren.at/publikationen-blog/publikationen/

[2] Vgl. Holzhacker/Mangl: Zur Entwicklung genderkompetenter Jugendarbeit im Verein Wiener Jugendzentren, in: Entgrenzte Jugend – Offene Jugendarbeit (Hrsg. Krisch/Schröer), Beltz/Juventa, 2020

[3] Positionspapier Soziale Ungleichheit : https://www.juvivo.at/wp-content/uploads/2020/06/KIJU_Positionspapier_SozialeUngleichheit_Covid-19_Juni2020-1.pdf

 

Magdalena Mangl, flash Mädchencafé

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