Die Mindestsicherung sichert die Teilhabe am sozialen Leben für alle
Der Verein Wiener Jugendzentren und seine Mitarbeiter_innen verstehen sich als Lobby für die Interessen der Kinder und Jugendlichen in der Stadt. Möglichst alle jungen Menschen sollen gleiche Chancen zur Bewältigung ihres Alltags bekommen und Unterstützung vorfinden, wenn dem nicht so ist. Doch gerade Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch schwachen Familien haben mehr und mehr zu kämpfen, mit den vorhandenen Mitteln das Auslangen zu finden und mit Anforderungen der Mittelstandsgesellschaft mitzuhalten.
Zumindest in Wien bietet die Mindestsicherung betroffenen Familien, ein einfaches jedoch sicheres Leben zu führen. Das gilt auch für viele Kinder und Jugendliche, die die Einrichtungen des Vereins Wiener Jugendzentren besuchen. Dabei fiel schon bisher auf, dass viele der jungen Besucher_innen hungrig ins Jugendzentrum kommen, an gemeinsamen Aktionen nicht selbstfinanziert teilnehmen können oder sich in ihrer Freizeit jugendkulturelle Aktivitäten (Kinobesuche, Konzerte, Kurse etc.) weniger und weniger leisten können.
Wir befürchten, dass die Abschaffung der Mindestsicherung die latente Armut in vielen Familien zu einem existentiellen Problem machen und die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gefährden wird. Mehr als ein Drittel der Bezieher_innen sind Kinder. Gerade die Herabsetzung der Beträge für Familien ab dem zweiten Kind wirkt sich direkt auf das Kindeswohl aus und kürzt die Unterstützung für Mehrkind-Haushalte empfindlich.
Durch die neuen Bestimmungen werden Obergrenzen festgelegt und damit Bundesländern Instrumente genommen, soziale Härtefälle eigeninitiativ zu verhindern. Das erhöht besonders für jene Familien, in denen verschiedene soziale Probleme zusammenfallen (Sucht- oder psychische Erkrankungen, körperliche Beeinträchtigungen, schlechte Ausbildungen etc. der Erziehungsberechtigten), die Hürden für ein Leben in Würde weiter. Wir sind sehr besorgt, dass Jugendliche aus diesen Familien immer weniger am sozialen Leben teilnehmen können, damit weiter zurückfallen und ihre Lebenswelt kleiner und kleiner wird. Doch nicht nur die Lebenswelt der Betroffenen wird kleiner, letztlich leidet darunter die Gesellschaft im Ganzen.
Jugendarbeit heißt für uns, Jugendliche bei ihren Schritten im Erwachsenwerden zu begleiten, ihnen Ansprechpartner zu sein, mit ihnen Spaß zu haben, ihren Unfug auszuhalten sowie ihnen beim Bewältigen ihrer Sorgen und Ängste zu helfen. Letztlich sind dies gesellschaftliche Integrationsprozesse, die integrativ für alle wirken. Das gelingt aber nur, wenn sich Jugendliche nicht ständig Angst um die eigene Existenz machen müssen. Mit der Abschaffung der Mindestsicherung sind wir sicher: Existenzsorgen werden massiv verschärft und damit gesellschaftliche Integrationsprozesse enorm erschwert. Und unsere Gesellschaft verarmt im Ganzen.
Ilkim Erdost, Geschäftsführerin