Lessons & Learnings von 1 Jahr TikTok
Trägst du Brakkas? Welches Emoji beschreibt dich am besten? Warum gehst du gerne ins Jugendzentrum?
Innerhalb eines Jahres haben wir organisch, also ohne bezahlte Werbung, die 1.000 Follower-Marke auf unserem TikTok-Kanal geknackt. Mit 22 Videos konnten wir über 415.000 Views, 14.200 Likes und 550 Kommentare generieren. Aber zurück zum Anfang – was war unsere Strategie?
Bereits 2020 gab es in der Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit erste Überlegungen ein TikTok-Profil zu erstellen. Aufgrund der Covid-Pandemie, Lockdowns und Personalwechsel hatten wir jedoch nicht genügend Ressourcen, um uns ernsthaft damit zu beschäftigen. Nachdem sich die Situation rund um die Pandemie entspannte, überlegten wir zunächst intern, wie unser TikTok-Auftritt aussehen könnte.
An wen richtet sich der Kanal? Was sollen wir posten? Welche Ressourcen haben wir, um den Kanal zu bespielen? Wie können wir das mit dem Einverständnis handlen, wenn wir TikTok Drehs im Jugendzentren machen wollen? Welche Musik darf ich verwenden? Wer kann filmen, wer schneiden? Viele offene Fragen, weshalb wir auch mit dem Gedanken spielten, uns Unterstützung von einer externen Agentur zu holen. Nach längerer TikTok-Recherche entschieden wir uns aber, es auf eigene Faust auszuprobieren.
Das Mädchen*Tanzfest war eines der ersten Events, die unser TikTok-Team besuchte
Trial and Error
Monatelang waren wir auf TikTok unterwegs und sahen uns verschiedene Content Creator, Firmen und journalistische Medien an. Wir achteten darauf, welche Videos sie veröffentlichen, welches Equipment sie nutzen, wie sie ihr Storytelling gestalten und welche Sprache sie auf TikTok und auf Instagram benutzen, um mit der Zielgruppe zu kommunizieren.
Was die meisten uns sympathischen Accounts gemeinsam hatten? Immer wiederkehrende Gesichter bzw. „Personalities“, die auf ihren Kanälen zu sehen sind. TikTok ist im Gegensatz zu Instagram und anderen Sozialen Medien nämlich sehr „personality-driven“. Es zeigt sich, dass man für einen erfolgreichen Markenauftritt eine oder mehrere Personen braucht, die die Marke bzw. das Unternehmen auf dem Kanal vertreten. Vergleichbar ist das mit dem Konzept des „Brand-Ambassador“, etwa für große Sport- oder Kosmetikunternehmen, wo mit berühmten Fußballer:innen oder Schauspieler:innen geworben wird.
In unserem Fall standen wir also vor der Aufgabe, eigene „TikTok“-Hosts zu finden, was uns schnell gelungen ist. Denn bei der Jugendredaktion von CU television sind seit über 18 Jahren medieninteressierte Jugendliche dabei, die dort Wissen und Fähigkeiten in Film, Moderation und Schnitt erlernen. So auch die ehemaligen Jugendredakteur:innen Dina und Azad, die über viele Jahre in der Jugendredaktion tätig und von Anfang an top motiviert waren, für den Verein auf TikTok Content zu machen.
Seit Herbst 2023 besucht unser TikTok-Duo Azad und Dina nun die Standorte der Wiener Jugendzentren. Das kann ein normaler Jugendbetrieb an einem Freitagabend sein, ein großes Jubiläum oder ein spezielles Event wie das Mädchen*tanzfest. Sie sind überall dabei und interviewen Besucher:innen ab 14 Jahren zu verschiedenen jugendrelevanten Themen: Welches Emoji beschreibt dich am besten? Wo gibt es den besten Döner in Favoriten? Was ist dir wichtig an einer Freundschaft?
Unser TikTok-Hosts Dina und Azad interviewen unsere Zielgruppen
Bei einigen Veranstaltungen stehe ich selber hinter der Kamera, wie hier für WordUp2!
Funktionen und Formate
Da viele unserer Einrichtungen ihre eigenen TikTok-Kanäle haben, war es wichtig, uns inhaltlich von diesen abzugrenzen. So wird der Kanal eines Jugendzentrums von Jugendarbeiter:innen betreut, wo auch Online-Jugendarbeit stattfindet. Das Hauptaugenmerk des allgemeinen Vereins-Accounts liegt auf der Veröffentlichung von öffentlichkeitswirksamen Inhalten. Unser Hauptziel ist es, die Lebensrealitäten der Kinder und Jugendlichen widerzuspiegeln. Das geht am besten, indem man ihnen das Mikrofon übergibt und sie zum Beispiel fragt: „Warum kommst du gerne ins Jugendzentrum?“
Da Dina und Azad den Alltag im Jugendzentrum kennen und selbst dort viel Zeit verbracht haben, begegnen sie den Jugendlichen auf Augenhöhe und können so ihre Meinungen authentisch einfangen. Mit Formaten wie Umfragen, Selbstversuche und POV-Vlogs haben wir einen Weg gefunden, das typische Jugi-Leben zu zeigen. Die Videos erreichen viele junge Menschen, was sich auch in den Kommentaren zeigt. Die Jugendlichen markieren ihre Freund:innen, diskutieren darüber, welches Emoji sie am besten beschreibt und fragen bereits nach, wann das TikTok-Team in ihr Jugendzentrum kommt.
Viele Videos, viele Learnings
Die vielen Kommentare brauchen viel Aufmerksamkeit. Hier unterstützen uns die Jugendarbeiter:innen mit ihren Einrichtungs-Accounts und gehen teilweise direkt auf die Kommentare der Jugendlichen ein. So können sie sowohl mit bereits bekannter Zielgruppe kommunizieren als auch eine neue Zielgruppe für ihre Angebote erreichen.
Die Kommentare der Jugendlichen brauchen viel Aufmerksamkeit
Nach über einem Dutzend Videodrehs haben wir schon einiges an Erfahrung gesammelt, um es beim nächsten Dreh noch besser zu machen. Nach jedem Dreh reflektieren wir gemeinsam mit den TikTok-Hosts, was gut gelaufen ist und holen auch Feedback von den Jugendarbeiter:innen ein. So hatten wir zum Beispiel das Learning, dass wir mehr Jugendliche erreichen, wenn wir die TikTok-Besuche im jeweiligen Jugendzentrum vorab ankündigen. So können sich die Jugendlichen darauf vorbereiten und sich gegeben falls auch für das Interview vor der Kamera schick machen. Ein weiteres Learning war es, das TikTok-Duo im Betrieb sichtbarer zu machen, damit klar erkennbar ist, dass sie Content für den TikTok-Vereins-Kanal und nicht z.B. für CU tv machen. Unsere Hosts bekamen deshalb Lanyards mit TikTok-Logo, ein:e Jugendarbeiter:in unterstützt sie zudem beim Finden von potentiellen Interviewpartner:innen.
Ein Jahr nach unserem TikTok-Launch sind wir immer noch in unserer Findungsphase. Vieles ist uns gut gelungen, vieles probieren wir noch aus. Ausschlaggebend ist, dass es nach wie vor viele Ideen gibt und wir uns Schritt für Schritt rantasten. Mit TikTok haben wir einen unkonventionellen und kreativen Weg der Öffentlichkeitsarbeit gefunden, um die vielen Facetten der Offenen Jugendarbeit zu zeigen.
Weiterführende Links:
TikTok-Kanal @wienerjugendzentren
Marilyn Velasco Magoo, BA | Öffentlichkeitsarbeit, hauptverantwortlich für Social Media