In einer unserer Anlaufstellen für Mobile Jugendarbeit – Back on Stage 16/17 – spielt die Musik. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Seit Kurzem glänzt das dortige Tonstudio in neuen Farben und die Musikschiene bzw. das musikalische Angebot wurde um einige Neuheiten ergänzt. Leitung Shino – selbst als begnadeter Musiker und Musikproduzent mit eigenem Studio tätig – erzählt uns, was für neue Töne seine Einrichtung ab sofort anschlägt.
Da wäre zuerst das adaptierte Tonstudio. Hier wurde die Raumakustik optimiert (u.a. mit Breitbandabsorbern), neue Instrumente (u.a. Gitarre und E-Piano) besorgt, die Sauerstoffzufuhr (Lüftung) verbessert und der Schnittraum integriert. Und nachdem sich die Jugendlichen auch eine andere Beleuchtung gewünscht haben, zieren nun farbige LED-Streifen die Wände.
„Der ganze Umbau war ein größtenteils partizipativer Akt. Die Jugendlichen wissen ja genau, was sie wollen und konnten sich stets einbringen. Wir haben dann geschaut, was sich auch wirklich umsetzen lässt. In dem neuen Tonstudio (aka HyperStudioCube) können sie jetzt Musik produzieren, eigene Beats basteln, Musik aufnehmen, Instrumente spielen, Songs mixen und sogar Musikvideos schneiden“, erklärt Shino.
Gedauert hat der Umbau zu dieser „Ein-Raum-Konzeption“ knapp sechs Monate. In dieser Zeit war das gefragte Studio für zwei Monate zu. „Die Jugendlichen wollten, dass das Studio so schnell wie möglich wieder benützt werden kann und haben uns deshalb auch immer wieder ihre Hilfe beim Umbau angeboten (z.B. beim Streichen der Wände).“
24/7 im Studio
Wer in das Studio möchte, muss inzwischen mit etwas längeren Wartezeiten rechnen, da das Angebot mittlerweile täglich von Besucher:innen genutzt wird. Wer dann schlussendlich im Studio-Kalender eingetragen wurde, kann sich während der Studiozeiten austoben. Eine zweistündige Einschulung für Neulinge gibt es obendrein. „Ganz wichtig ist uns das Motto: Du kannst hier nichts falsch machen. Probiere dich aus, mache Fehler und lerne daraus. Und vor allem: Hab Spaß!“
Spaß scheinen die Jugendlichen im Tonstudio definitiv zu haben. Und als besonderes Goodie gibt es für die – mit der Arbeit im Tonstudio bereits vertrauten – Stammgäste die Schlüsselvergabe über Nacht. Heißt: Das Tonstudio kann in der Zeit zwischen 20 und 6 Uhr Früh genutzt werden und es gibt mehr Zeit für die Musikproduktion. Ein Angebot, das sehr gut funktioniert und beinahe täglich in Anspruch genommen wird. „Natürlich muss hier die Vertrauensbasis passen, die Jugendlichen füllen zuvor auch einen Vertrag für die Nutzung aus. Die Jugendlichen sind da selbst sehr kritisch und erstellen Regeln, an die sie sich halten.“
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Harmonie, nicht nur in der Musik
So kommt es auch zu einem regen Austausch unter den Besucher:innen, denn meistens sind mehrere Jugendliche im Tonstudio und teilen sich die Räumlichkeiten. „Sie lernen andere Jugendliche mit anderem Musikgeschmack kennen, treten in Dialog und können so auch andere/neue Perspektiven einnehmen. Klischees werden durchbrochen und die ein oder andere Gangster-Rap-Attitude überdacht bzw. abgelegt. Vielleicht erzählen sie dann im nächsten Song etwas über sich, anstatt die Mütter anderer zu beleidigen. Zusätzlich hilft die Musik den Jugendlichen auch große, schwere Themen zu verarbeiten, Frust abzulassen und Emotionen freizulassen. Sie können sich hier in diesem geschützten Raum ausleben, ausprobieren, ausdrücken und erleben sich außerdem als wichtig und selbstwirksam. Wir reden auch oft mit ihnen über ihre Texte und Inhalte, wodurch nochmal mehr Beziehung zur Zielgruppe entsteht.“
HyperSoundCube
Musik hat nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert bei den Jugendlichen. Inzwischen gibt es mehr als 2.000 Musikprojekte in der Bos16/17-Datenbank und die Nachfrage nach musikalischen Angeboten wächst kontinuierlich. Darauf haben Shino und sein Team reagiert: „Mit dem HyperSoundCube, einem virtuellen Instrumentenkoffer, mit dem Jugendliche ihre eigene Musik machen bzw. auf (mithilfe der Musiksoftware Cubase 12 Pro) bereits erstellte Instrumente und Sounds zugreifen können. Die erstellten Instrumente können von allen Studiogästen genutzt werden und das Angebot wächst ständig. Aktuell gibt es bereits mehr als 150 verfügbare digitalisierte Instrumente.“
Von der Songidee zum fertigen Musikvideo: Katalyzator
Viele Instrumente bringen viele Möglichkeiten und Ideen mit sich. Da kann es schon mal passieren, dass der Fokus verloren geht. „Viele Jugendliche beenden ihre Projekte bei 75%, ab da wird es nämlich richtig anstrengend. Es ist harte Arbeit, oft fehlen noch Kompetenzen, um die eigenen Song-Vorstellungen zu erfüllen. Das frustriert dann auch manche.“
So kam schlussendlich Katalyzator ins Spiel, ein Musikprojekt, das als Musiklabel fungiert und den Jugendlichen Schritt für Schritt dabei hilft, ihre Songideen auch tatsächlich umzusetzen.“ Katalyzator simuliert alle Schritte, die es bei einem echten Label bzw. in der Musikindustrie auch gibt. Die Jugendlichen werden quasi unter Vertrag genommen, pitchen ihre Songidee und suchen sich dann ein Team aus, um ihr Projekt umzusetzen.
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In der Software (von Shino selbst programmiert) gibt es ein Sammelsurium an Personen, die angefragt und in das Projekt miteingebunden werden können: Texter:innen, Toningenieur:innen oder auch Ghostproduzent:innen und Musiker:innen. „Es geht uns darum, Synergien zu nutzen und Jugendlichen zu helfen, ihre Ideen wirklich umzusetzen, Songs zu produzieren und diese selbst zu mixen. Ein Gemeinschaftsprojekt, in das natürlich hauptsächlich unsere Zielgruppe eingebunden ist (sowie Menschen aus meinem Team), die sich gegenseitig unterstützen. Und alles, was sie noch nicht abdecken können, kann dann von einem zweiten Netzwerk außerhalb der Einrichtung übernommen werden.“ Zudem findet sich in der Katalyzator-Datenbank ein Handbuch bzw. eine Anleitung mit 100 Punkten, die Schritt für Schritt erklärt, was es alles braucht, um aus der Idee tatsächlich einen fertigen Song zu machen.
Was wirklich zählt
Neben dem Versuch den ein oder anderen Hit zu produzieren, stehen aber natürlich auch andere Dinge im Vordergrund. „Es soll Spaß machen, die Gemeinschaft unter den Jugendlichen stärken und Austausch fördern. Sie sollen voneinander lernen, ihr eigenes Talent erleben, sich gegenseitig nach oben pushen und Stereotype durchbrechen. Und auch erfahren, dass es sich rentiert, an einer Sache dranzubleiben. Das ist ein großes Ziel von unserem musikalischen Angebot!“
Und was denken die Jugendlichen selbst? „Die würden jederzeit den Meldezettel ausfüllen und hier ihren Hauptwohnsitz anmelden!“, lacht Shino.
Verein Wiener Jugendzentren