Läuft da wirklich ein Gespenst durch das YouTube-Video? Darf ich dem Film trauen, in dem ein Magier einen Stapel Karten durch die Luft fliegen lässt und fein säuberlich, zu einem Stapel geordnet, auffängt? Was ist wahr, was ist falsch? - mit diesen Fragen setzten wir uns im Projekt twilightzone come2gether auseinander.
In Zeiten von Fake-News und Deepfakes wird es für User_innen immer schwieriger, wahre und falsche Informationen voneinander zu unterscheiden. Ton-, Bild- und Videoaufnahmen lassen sich immer raffinierter und glaubwürdiger verfälschen. Manchmal stecken aufwendige Technologien dahinter, manchmal ganz einfache Tricks. Um unseren Besucher_innen die Welt der Videotricks näher zu bringen und Bildmanipulationen durchschaubarer zu machen, starteten wir das Projekt twilightzone come2gether.
Durch die gemeinsame Videoproduktion – vom Dreh über den Schnitt bis hin zur Veröffentlichung – wurde für unsere jungen Besucher_innen des come2gether sichtbar, wie einfach es ist, Videos zu manipulieren. Ein weiterer Aspekt war das Thema Datenschutz, wobei wir besprochen haben, ob ein Video, ohne Einwilligung der gezeigten Personen, online gestellt werden darf oder nicht.
Von der Idee zur Umsetzung
Am Anfang stand ein Geistervideo auf YouTube, das den Besucher_innen einen sanften Schauer über den Rücken laufen ließ. War das wirklich ein Geist? Der Schauer war spätestens dann vorbei, nachdem mit den beteiligten Kindern und Jugendlichen ein ähnliches Video produziert wurde. Innerhalb einer Stunde war der Beitrag gedreht und geschnitten.
Diese erste Produktion machte Lust auf mehr. Nach dem Geistervideo erkundeten wir die weiteren Möglichkeiten des Schnittprogramms. Was passiert, wenn ein Film rückwärts abgespielt wird? Wie sieht das aus, wenn jemand ein Ei isst oder Wasser trinkt? Wie kann man die Wahrnehmung verändern, wenn man die Abspielgeschwindigkeit manipuliert?
Ein weiterer Aspekt, den wir im Laufe des Projekts thematisierten, war das Recht am eigenen Bild. Spätestens, nachdem beschlossen wurde, eine Videoserie zu drehen, die auf CU televison, dem medienpädagogische TV-Format des Vereins Wiener Jugendzentren, veröffentlicht werden soll, kam es immer wieder zu Diskussionen zu diesem Thema. So produzierten wir zwei verschiedene Ausgaben: In einer Ausgabe sind nur jene Besucher_innen zu sehen, die sich (oder deren Eltern, wenn sie noch nicht 14 Jahre alt waren) dazu bereit erklärten, im TV zu sehen zu sein. In der zweiten Ausgabe haben wir alle Videos verarbeitet. Dieses Video steht aber nur den Besucher_innen zur Ansicht bereit, die an dem Projekt teilgenommen haben.
Wir starteten das Projekt im Mai 2018. Zuerst haben wir den Besucher_innen des Jugend- und Stadtteilzentrums come2gether die twilightzone vorgestellt. Danach fand sich das Projekt immer wieder im offenen Betrieb wieder. Regelmäßig schmiedeten wir am Teenie-Nachmittag Ideen, holten die Kamera hervor und zückten unsere Handys.
Den Zugang zum Projekt haben wir bewusst niederschwellig gehalten. Unsere Zielgruppe waren Teenies im Alter zwischen 6 und 13 Jahren. Gefilmt wurde am offenen Kinder- und Teenie-Nachmittag, interessierte Besucher_innen konnten sich im Medienraum am Schnitt beteiligen. Die Liste der aufgeführten Zauberticks und Kunststücke reicht von einer zerrissenen Zeitung, die auf magische Weise wieder zusammengefügt wird, über den Geist eines kleinen Buben, der seinen großen Bruder erschreckt, über Personen, die ohne viel Kraftanstrengungen auf Mauern springen oder aus dem Liegen von einer Couch aufstehen bis hin zu Spielkarten, die wild durch den Raum fliegen und ohne Probleme gefangen werden.
Ergebnis und Wirkung
Wir sammelten ca. ein halbes Jahr Material. Aus den gefilmten Szenen entstand eine dreiteilige Videoserie. Nachdem wir die drei Teile den Kids im offenen Betrieb präsentiert hatten, fassten wir Teil eins und zwei für CU television zu einer Ausgabe zusammen. Diese Sendung wurde im Herbst 2018 auf OKTO ausgestrahlt. Den dritten Teil stellten wir Ende Mai 2019 fertig. Dieser wurde im Juni 2019 auf OKTO gesendet.
Die Besucher_innen beteiligten sich an dem Projekt twilightzone come2gether auf verschiedenen Ebenen: Gemeinsam haben wir Themen ausgesucht und die Szenen geplant. Sie agierten als Schauspieler_innen, filmten mit unserer semiprofessionellen Kamera und ihren Handys. Sie bearbeiteten die Clips auf ihren Smartphones und am PC. Am Ende veröffentlichten sie die Ergebnisse auf Instagram und Snapchat.
Nachdem unsere Jugendlichen selbst Videos manipulierten, haben wir bei unserer Zielgruppe einen kritischeren und kompetenteren Umgang mit Video-, Film- und Fernsehformaten festgestellt. Die Jugendlichen haben mit neuen Tools und Werkzeugen experimentiert und konnten sich selbst und ihre Fähigkeiten ausprobieren. Sie haben ihr kreatives Potential ausgeschöpft und waren stolz auf ihr Werk. Wir haben auch eine Steigerung des Selbstbewusstseins festgestellt, vor allem bei jenen Jugendlichen, die als Darsteller_innen in den Videos agierten. Außerdem wurde das Interesse für die Beteiligung an weiteren Videoproduktionen geweckt, wie auch für eine regelmäßige Mitwirkung an CU television.
Christian Orou, Jugendzentrum come2gether